Co to jest dydaktyka literatury?/ Was ist Literaturdidaktik?
EINIGE FRAGEN ZU STAND UND PERSPEKTIVEN DER LITERATURDIDAKTIK IN POLEN
Veroffentlicht in: Europejczycy 3 (2)/2002, S. 27-40
![](http://www.literaturdidaktik.5v.pl/M1331.jpg)
Gegenstand der
Literaturdidaktik
Der Gegenstand der
literaturdidaktischen Forschung ist die literarische Bildung des Menschen.
Dabei sucht sie Antworten auf die Fragen nach den Zielen dieser
Bildungsprozesse, ihrem gesellschaftlichen und kulturellen Sinn, ihrem Umfang,
ihrer Struktur, ihren Voraussetzungen und Bedingungen, ihren Methoden und
ihrer Effektivität. Zur Bewältigung dieser Aufgaben bemüht sich die Literaturdidaktik
um eine rationelle, auf wissenschaftlicher Grundlage fundierte Theorie und
Praxis der literarischen Bildung des Menschen in und auβerhalb der Schule.
Der Literaturdidaktik
liegen zwei fundamentale Voraussetzungen zugrunde:
- Kontakt eines Menschen mit
Literatur ist aus dem individuellen und gesellschaftlichen Standpunkt
unentbehrlich, er ermöglicht eine allseitige Entwicklung der Persönlichkeit und
die Teilnahme des Individuums an der Kultur,
- Auf den Umgang mit Literatur muss
der Mensch vorbereitet werden, daher ist eine zielbewusste literarische Bildung
notwendig (PASTERNIAK: 1984:17-18).
Da
sich Literaturdidaktik auf die literarische Bildung innerhalb der
schulischen
Ausbildung konzentriert, wird sie auch als „Theorie der
literarischen Erziehung
und Bildung“, die „wissenschaftliche Beschäftigung mit
Literaturunterricht“
(GLAAP: 1991, 119) oder die „Wissenschaft vom
Literaturunterricht“ bezeichnet
(STOCKER: 1987, 224), ist also eine der Fachdidaktiken. Zu den
Schwerpunkten der
literaturdidaktischen Reflexion gehören: Lernzieldiskussion mit
ihrer Betonung
der pädagogischen wie gesellschaftlichen Bedeutung
fachspezifischer Inhalte, Erstellung und Kontrolle
unterschiedlicher Lernziele, Auswahl und
Strukturierung der Lerninhalte, Analyse und Planung von
Lernvorgängen und
Entwicklung, Űberprüfung und Weiterentwicklung von Curricula
für den
Literaturunterricht (STOCKER:1987, 224-225). Aus der Zugehörigkeit
der
Literaturdidaktik zur allgemeinen Didaktik ergibt sich ihre
Fragestellung in
zweifacher Hinsicht: als Wissenschaft vom Unterricht und als Theorie
der
Bildungsinhalte. Dazu gehören u.a.:
- Im normativen Aspekt: Ableitung von Erziehungszielen, vorwissenschaftliche Rezeptologie,
- Im bildungstheoretischen Aspekt:
Theorie der Bildungsinhalte – Curriculumentwicklung, Methodenlehre und Bezug
zur Schulpraxis,
- Im informationstheoretischen
Aspekt: Unterrichtstechnologie (Medien, Programme), formale Fragen – Dosierung,
Effizienz,
- Im lerntheoretischen Aspekt:
Aufarbeiten und Kontrollieren von Einflussfaktoren, Differenzierung:
Methodenkonzeptionen, Lernphasen, Sozial, Aktions- und Űbungsformen des
Unterrichts,
- Im kommunikationstheoretischen
Aspekt: Unterrichtliche Interaktionsprozesse, Unterrichtssprache, Rollenfragen im
Unterricht (STOCKER: 1987, 227).
Literaturdidaktik unter fremdsprachlichen Bedingungen
Literaturdidaktik ist
infolge eines langen Prozesses der Emanzipation von der Didaktik der
Muttersprache zur selbstständigen Fachdidaktik geworden. In ihrer primären
Erscheinungsform tritt sie als Didaktik der muttersprachlichen Literatur auf.
Die Erkenntnisse der muttersprachlichen Literaturdidaktik sind auf den
Literaturunterricht an Grund- und Oberschulen ausgerichtet; die Bedürfnisse der
Schulpraxis sind ein wesentlicher Faktor in ihrer Entwicklung. Jedes Land
verfügt über das umfangreiche literaturdidaktische Schrifttum über seine
nationale Literatur, obwohl der Entwicklungsstand der Literaturdidaltik auf dem
Weg zur selbständigen Wissenschaft nicht überall gleich ist 1).
Die nationale Literatur
funktioniert auβerhalb des eigenen Landes unter fremdsprachlichen Bedingungen. In
jedem Land existiert auβer der nationalen muttersprachlichen Literatur die
fremdsprachliche Literatur in ihrer originellen Sprachfassung, die auch zum Lehrgegenstand
wird. Die Literaturdidaktik als eine der selbstständigen Fachdidaktiken hat also
in jedem Land zwei Verwendungsbereiche: Didaktik der muttersprachlichen und der
fremdsprachlichen Literatur. Die fremdsprachliche Literatur wird vermittelt im
neuphilologischen Studium im Hochschulbereich (Auslandsgermanistk, -anglistik,
-romanistik usw.), sie findet auβerdem ihren Einzug in den
Fremdsprachenunterricht (in Grund- und Oberschulen, auch in Fremdsprachenkursen
auβerhalb der Schule), wo auch mit literarischen Texten des Zielsprachelandes
gearbeitet wird.
Jede Art der Beschäftigung
mit der fremdsprachigen Literatur unterscheidet sich voneinander im
Lehrgegenstand – also auch in der Zielsetzung des Unterrichts – und Beziehung
zu der Sprache. Der muttersprachliche wie der fremdsprachliche
Literaturunterricht haben die Vermittlung des literaturbezogenen Fachwissens
und der literaturbezogenen Fertigkeiten zum Ziel, beide konzentrieren sich in
erster Linie auf den literarischen Gegenstand. Aus diesem Grund wird die
Didaktik der muttersprachlichen wie der fremdsprachlichen Literatur als
Literaturdidaktik sensu stricto angesehen.
Die didaktischen
Hinweise für die Organisation und Durchführung des muttersprachlichen
Literaturunterrichts, des fremdsprachlichen Literaturunterichts und des
Fremdsprachenunterrichts, in dem mit literarischen Texten gearbeitet wird,
müssen die differente Spezifik der Bedingungen des Lehr- und Leseprozesses
berücksichtigen; sie müssen auch theoretisch entsprechend begründet werden. So
scheint es berechtigt, zwischen drei Erscheinungsformen der Literaturdidaktik
zu unterscheiden. Im Rahmen der Literaturdidakitk sensu stricto sind es die
muttersprachliche und die fremdsprachliche Literaturdidaktik. Für die
didaktische Reflexion über den Einsatz der literarischen Texte im
Fremdsprachenunterricht wird der Termin „Literaturdidaktik als Bezugsfeld der
Glottodidaktik“ vorgeschlagen.
Die Gemeinsamkeit aller
Varianten beruht darauf, dass sie alle einen Beitrag zur literarischen Bildung
des Menschen leisten und deswegen zum Interessengebiet der Literaturdidaktik
gehören.
Zwischen allen drei
Bereichen existieren innere Verbindungen und Bezüge, die in der Zukunft zum Gegenstand separater Forschung werden
sollten.
Literaturdidaktik als Bezugsfeld der Glottodidaktik
Literaturdidaktik und
Glottodidaktik haben einen gemeinsamen Interessenbereich – den Einsatz
literarischer Texte im Fremdsprachenunterricht. Dieses Feld kann als ein Grenzgebiet
zwischen den beiden Fachdidaktiken betrachtet werden.
Obwohl dieser Bereich unter
fremdsprachlichen Bedingungen (z. B. in Polen) auch mit dem Begriff „Literaturdidaktik“
bezeichnet wird, zeigt er in der Tat mehr Verwandtschaft mit Glottodidaktik vor
allem im Hinblick auf das Ziel der Beschäftigung mit literarischen Texten im
Fremdsprachenunterricht.
Im Vordergrund steht
hier die Entwickung der kommunikativen Kompetenz. Den Lehrgegenstand bildet
nicht Literatur, sondern die Zielsprache. Literatur wird als Mittel zur
Entwicklung der Sprachfertigkeiten behandelt. Literarische Texte werden im
Fremdsprachenunterricht in erster Linie nicht um ihren künstlerischen und
ästhetischen Wert willen und nicht wegen ihrer Relevanz für literarische
Bildung eingesetzt, diese werden – wenn schon – erst an der zweiten Stelle
erwähnt. Der literarische Wert der Texte wird im Unterricht oft nicht
thematisiert; erst seit Mitte der 80er Jahren wird der künstlerischen
Komponente und den Besonderheiten des literarischen Lesens Rechnung getragen
(vgl. KAST: 1994, 5, 7); die Texte dienen hauptsächlich als Sprech- und
Schreibanlass, als ein Instrument im Prozess des Spracherwerbs.
Der Einsatz von
Literatur wird auβer ihren Vorteilen für die Sprachbeherrschung und
Unterrichtsgestaltung auch mit der Rolle der Literatur für das Kennenlernen der
Kultur des Zielsprachelandes, Vermittlung der landeskundlichen Informationen
und Überwindung der kulturräumlichen Distanz begründet (vgl. KAROLAK: 1999,
37-52).
Die Textwahl erfolgt
nicht nach fachliterarischen Kriterien – darüber entscheiden die Anforderungen
des Fremdsprachenerwerbs, der Unterrichtsgestaltung und die landeskundliche
Relevanz. Im Rahmen der Fremdsprachendidaktik beschäftigt sich die
Literaturdidaktik fast ausschlieβlich mit kleinen literarischen Formen:
Kurzprosa, z. B. Kurzgeschichten, Märchen, Novellen und Gedichten, weil das
Ziel Fremdsprachenbeherrschung damit am besten realisiert werden kann.
Literarische Texte sind
im Fremdsprachenunterricht nicht infolge der literaturtheoretischen Entwicklung
erschienen, sondern dank dem kommunikativen Ansatz der Fremdsprachendidaktik
(KAST: 1994, 5).
Diese Argumente zeugen
davon, dass dieses Grenzgebiet zwischen den beiden Fachdidaktiken mehr der
Fremdsprachendidaktik als der Literaturdidaktik verpflichtet ist 2).
Aus oben genannten Gründen wird der Termin „Literaturdidaktik“, der in Polen in
Bezug auf diesen Bereich verwendet wird als zu allgemein, mehrdeutig und
dadurch irreführend vermieden. Statt dessen werden Bezeichnungen wie:
Literaturdidaktik als Teil der Glottodidaktik (Fremdsprachendidaktik),
Literaturdidaktik als Bezugsfeld der Glottodidaktik, Literaturdidaktik im
Rahmen der Glottodidaktik oder Literatur im Fremdsprachenunterricht (DaF-Unterricht,
Deutschunterricht) verwendet, weil sie in der Űberzeugung der Autorin den
Sachverhalt präziser bezeichnen.
Entwicklung der Literaturdidaktik als Bezugsfeld der
Glottodidaktik in Polen
Die Literaturdidaktik als Grenzgebiet zu der
Fachdidaktik Deutsch als Fremdsprache hat in Polen erst eine kurze Tradition.
Die allseitigen Vorteile der literarischen Texte für den
Fremdsprachenunterricht hat man hier erst etwa zu Beginn der neunziger Jahre
erkannt, das Thema war aber eine Zeitlang eine Randerscheinung in der
Glottodidaktik.
Eine gute Orientierung
in der Praxis des Fremdsprachenunterrichts an polnischen Schulen gibt die
Zeitschrift „Języki Obce w Szkole“. Die Thematik der Artikel, deren Autoren
Fremdsprachenlehrer sind, widerspiegelt ihren Kenntnisstand und ihr
methodisches know-how. Einmal im Jahr wird ein Wettbewerb zu einem methodischen
Schwerpunkt ausgeschrieben, der als eine Neuerung gilt. Die Analyse der
Jahrgänge 1990-2000 von „Języki Obce w Szkole“ ermöglicht einen Einblick darin,
wie das Thema „literarische Texte im Deutschunterricht“ von polnischen
Fremdsprachenlehrern rezipiert wurde.
Diese Thematik wird in
dieser Zeitschrift zum ersten Mal erst in der Nummer 5, 1992 (CHARCIAREK: 1992,
391-396) behandelt. Im Jahr 1993 gibt es 2 Artikel zu dieser Thematik: in der
Nummer 1 und 5, in
der Nummer 2 erscheint die Rezension der Publikation von Aleksander Kozłowski
(KUCZYŃSKI: 1993, 181-183); das Jahr 1994 bringt 4 Artikel, das Jahr 1995 – 1
Artikel. Aus den Texten geht hervor, dass bis ins Jahr 1995 literarische Texte
im Unterricht traditionell wie Sachtexte behandelt und zur Entwicklung von
Leseverstehen oder Wortschatzerweiterung eingesetzt werden. Als Arbeitsformen
werden Fragen zum Inhalt, richtig-falsch-Aufgaben, Lückentexte,
Transformationsübungen, Űbersetzung, Klassengespräch über den Inhalt
vorgeschlagen, z. B. Adjektive zur Person, Berufe, Tiernamen (WIŚNIEWSKA: 1993,
24-39), Wortschatz „Arten des Lachens“ ausgehend von Tucholskys Gedicht „Das
Lächeln der Mona Lisa“ (BIAŁEK: 1994, 428-429), Űbersetzung der Gedichte ins
Polnische im Französischunterricht (AFTENI-ZDRZALIK: 1994, 425-427). Manche
Artikel beschäftigen sich mit Leben und Schaffen eines Schriftstellers oder
geben eine Interpretation des Werkes ohne Bezug zur Unterrrichtspraxis
(ORŁOWSKI: 1994, 395-400, PIŁAT: 1994, 99-102). Erst seit dem Jahr 1996
schlagen die Artikel Arbeitstechniken vor, die man nicht als typisch
DaF-didaktische, sondern als literaturdidaktische Vorgehensweisen im heutigen Sinn
auffassen kann (u.a. HERMES: 1996, 445-448, STANULEWICZ, ŁUCZAK: 1996, 56-57).
Das Thema bleibt aber weiterhin unpopulär: das Jahr 1996 bringt 3 Artikel, das
Jahr 1997 auch 3 Artikel, das Jahr 1998 – 4 Artikel über Literatur im
Fremdsprachenunterricht. Im Jahr 1998 wird Literatur im Unterricht zum Thema
des Wettbewerbs für Fremdsprachenlehrer: „Tekst literacki w nauce języka
obcego: bogactwo języka, wielość interpretacji, uczuć i emocji“. Die Arbeiten
zu diesem Thema weden in nächsten Jahren veröffentlicht (JANOWSKA: 1999,
227-238, WIDAWSKA: 1999, 357-365, SKRZYPCZYŃSKA: 2000, 31-33). Man kann also
feststellen, dass die Literaturdidaktik als ein Bestandteil der DaF-Didaktik
erst seit 1998 im Bewusstsein der breiteren Kreise der Fremdsprachenlehrer existiert 3).
In der zweiten Hälfte der
neunziger Jahre wurde die Literatur im DaF-Unterricht öfter zum Thema von
didaktischen Publikationen (u.a. ANDRZEJEWSKA: 1997, GŰNTHER, KOTZ, MAKOWSKI,
RAUEN: 1998).
Einen Umbruch brachte
das Jahr 1999, das als Goethe-Jahr ein verstärktes Interesse für Literatur im
Deutschunterricht hervorrief. Es geschah im groβen Maβe dank Aktivitäten und
Veröffentlichungen des Goethe-Instituts, darunter dem Goethe-Kalender 1999
sowie anderen Wettbewerben und Veranstaltungen (vgl. dazu „Post von Goethe“:
1999). Es entstand auch eine Sammlung von Kurzprosa, Gedichten und Liedern für
den Deutschunterricht (NAMOWICZ: 1999).
Die oben genannten Veröffentlichungen beschränken sich
auf die praktischen methodischen Hinweise für die Arbeit mit literarischen
Texten im Deutschunterricht, sind also typisch für das vorwissenschaftliche
Entwicklungsstadium der Literaturdidaktik.
In dem genannten Zeitraum wurden auch Versuche
vorgenommen, Literaturdidaktik als Teilbereich der Glottodidaktik auf die wissenschaftliche
Stufe zu erheben. Kozłowski (1991) nimmt als Grundlage für Literaturdidaktik
als Teilgebiet der Glottodidaktik die Erkenntnisse der muttersprachigen
Literaturdidaktik und schlägt aus dieser Perspektive Unterrichtsmodelle und
Arbeitstechniken für den Fremdsprachenunterricht vor; Denka (1996) untersucht
Lesestrategien und Lesesteuerungsstrategien beim Einsatz literarischer Texte
und stellt einen theoretischen Rahmen für ein integriertees Lesemodell für
Deutsch als Fremdsprache auf. Karolak (1996 und 1999) betont stärker die Bezüge
zur Literaturdidaktik sensu stricto und Literaturwissenschaft indem er Probleme
und Strategien beim Verstehen des literarischen Textes in fremdkulturellen
Bedingungen in den Mittelpunkt der Erwägungen stellt.
Der theoretische Aspekt der literaturdidaktischen
Reflexion wird in Polen noch selten zum Forschungsgengenstand; der Űbergang zur
wissenschaftlichen Entwicklungsphase der Literaturdidaktik als Teilgebiet der
Fremdsprachendidaktik vollzieht sich deswegen nur langsam. Seitens der
polnischen Literaturdidaktiker werden die Themen wie Diskussion über Ziele der
Beschäftigung mit literarischen Texten im Fremdsprachenunterricht, Strategien
der Lehrzielbestimmung, Erstellung von Curricula für den Fremdsprachenuntericht
mit Berücksichtigung der literarischen Texte, Analyse und Planung von
Lernvorgängen, ihre wissenschaftliche Erläuterung und Begründung selten
unternommen. Ein weiterer Mangelbereich ist die Didaktik der fremdsprachlichen
Literatur.
Didaktik der fremdsprachlichen Literatur
Die Nationalliteratur
eines Landes wird auch auβerhalb seiner Grenzen zum Lehrgegenstand. Es handelt
sich dabei nicht um kurze literarische Texte zum Einsatz im
Fremdsprachenunterricht, sondern um Ganzschriften aller Literaturgattungen, die
als repräsentative Werke der jeweiligen nationalen Literatur in den
literaturhistorischen Epochen anerkannt werden. In ihrer originellen
sprachlichen Fassung werden sie an Neuphilologien an Universitäten,
Pädagogischen Hochschulen, Fremdsprachenkollegs und anderen Institutionen der
Lehrerausbildung im Literaturunterricht in fremdsprachlichen Bedingungen
behandelt. Für die Vermittlung der fremdsprachigen Literatur benötigt man auch
eine Literaturdidaktik. Diese Art der Literaturdidaktik hat ihre Stellung im Rahmen
der Literaturdidaktik sensu stricto und wird hier als „Didaktik der
fremdsprachlichen Literatur“ oder „fremdsprachliche Literaturdidaktik“
bezeichnet.
Die Didaktik der
fremdsprachlichen Literatur weist Verwandtschaft mit der Didaktik der
muttersprachlichen Literatur vor allem im Hinblick auf den Lehrgegenstand auf.
In beiden Fällen steht die Methodik der Vermittlung des
literaturgeschichtlichen Wissens (der literaturhistorische Entwicklungsprozess)
und die Arbeit an Ganzschriften, meistens groβen Kanonwerken: Dramen, Epen,
Romanen, Novellen, aber auch kürzeren Formen die die Literaturepochen
repräsentieren, im Mittelpunkt des Interesses. Literatur ist hier der
eigentliche Lehrgegenstand. Die Didaktik zielt darauf, ihn am effektivsten an
die Lernenden zu vermitteln.
Die fremdsprachliche
Literaturdidaktik nimmt im Spannungsfeld zwischen Sprachbeherrschung und
Beherrschung des literarischen Gegenstandes die Stellung zwischen der
Literaturdidaktik als Teil der Glottodidaktik und der muttersprachlichen Literaturdidaktik.
Der Unterschied zu der
muttersprachlichen Literaturdidaktik ergibt sich vor allem aus der Sprache, in
der Rezeption des literarischen Werkes und Kommunikation über Literatur im
Unterricht stattfindet: einmal ist es die Muttersprache, das andere Mal die
Fremdsprache, was den Schwierigkeitsgrad der Beschäftigung mit Literatur erhöht
und bestimmte didaktische Konsequenzen für die Gestaltung des Lehrprozesses
nach sich zieht, der Besonderheiten der Kommunikation in der Fremdsprache
berücksichtigen muss 4).
Neben der Kommunikation im Unterricht ist hier das Problem der literarischen
Kommunikation von besonderer Relevanz: die kulturelle Distanz der ausländischen
Lernenden zu der Literatur des Zielsprachelandes beeinflusst die Rezeption der
literarischen Werke. Die Differenzen, die sich daraus zwischen der
muttersprachlichen und fremdsprachlichen Literaturdidaktik ergeben, betreffen:
- Die Zielsetzung des
Literaturunterrichts: im fremdsprachlichen Literaturunterricht müssen auβer den
literaturbezogenen Zielen sprachbezogene und fremdkulturelle Ziele
berücksichtigt werden. Daraus ergeben sich vielfältige Implikationen für die
Behandlung des literaturhistorischen Lehrstoffes, Textanalyse und
Interpretation eines literarischen Werkes.
- Die veränderte
Zielsetzung bestimmt weitgehend die
- Unterrichtsgestaltung: die
Lernenden müssen zur ständigen sprachlichen Aktivität veranlasst werden, dazu
müssen entsprechende Sozialformen und Arbeitstechniken eingesetzt werden
- Lehrinhalte: Ähnlichkeiten und
Unterschiede in der literarischen Entwicklung zwischen dem eigenen Land und dem
Zielspracheland müssen hervorgehoben werden.
Entwicklungsperspektiven der fremdsprachlichen Literaturdidaktik
in Polen
Die fremdsprachliche
Literaturdidaktik wendet sich an einen engen Adressatenkreis und findet deshalb
in der Forschung kaum Beachtung. Eine didaktische Konzeption des
fremdsprachigen Literaturunterichts 5)
ist in Polen bisher nicht entstanden, obwohl Literatur an Neuphilologien aller
Universitäten und Hochschulen in Polen seit ihrer Entstehung unterrichtet wird.
Das Modell der Universitätsbildung, in dem das literaturgeschichtliche Wissen
in Vorlesungen vermittelt und das literarische Werk im Lehrgespräch
(Frontalunterricht) während der Seminare interpretiert wird bildet ein
didaktisches Grundmuster des Literaturunterrichts und ist in der polnischen
Lehrtradition tief verankert. Der Literaturunterricht im neuphilologischen
Studium ist kognitiv ausgerichtet, er konzentriert sich auf Lehrinhalte und
lässt die didaktische Seite des Literaturunterrichts in den Hintergrund treten.
Das sind Ursachen dafür, dass man der literaturdidaktischen Reflexion im Rahmen
der Hochschuldidaktik bisher zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt hat.
Diese Lücke zu füllen
ist eine der künftigen Aufgaben der fremdsprachlichen Literaturdidaktik in
Polen: es sollen didaktische Konzeptionen der Literaturvermittlung für das
neuphilologische Studium und Fremdsprachenlehrerausbildung erarbeitet werden,
die die Spezifik des Literaturunterrichts unter fremdsprachlichen Bedingungen, die
neuesten Prinzipien der Didaktik/Methodik und das Profil des Studienlehrgangs
berücksichtigen werden. Die literaturdidaktische Reflexion soll sich auf den
normativen, bildungstheoretischen und lerntheoretischen Aspekt konzentrieren
und folgende Fragen erläutern:
- Ableitung von Bildungszielen –
Bestimmung und Begründung von Strategien der Lerhzielfindung, Bestimmung der
Lehrziele des Literaturlehrgangs,
- Methoden der
Literaturvermittlung – ihre Wahl und Begründung: Bestimmung der didaktischen
Voraussetzungen und der literaturtheoretischen Ausgangsposition für die
Methodik des Literaturunterrichts,
- Unterrichtsgestaltung: Phasen
und Modelle des Literaturunterrichts,
- Lehrinhalte: Umfang und
Strukturierung des Lehrstoffes, Kanonfragen,
- Curriculumentwicklung.
Die Entstehung
derartiger Konzeptionen ist dank dem wissenschaftlichen Pluralismus der
Literaturdidaktik 6)
möglich, der die Existenz vieler Modelle der Literaturvermittlung sowohl auf
der muttersprachlichen als auch auf der fremdsprachlichen Ebene der
Literaturdidaktik erlaubt.
Die Impulse für die
Entwicklung der fremdsprachlichen Literaturdidaktik sind zum einen in der
Lehrtradition der muttersprachlichen Literaturdidaktik des Heimatlandes
(Polens) zu suchen, zum anderen in der eigensprachlichen Literaturdidaktik des
Zielsprachelandes 7).
Die Literaturdidaktik des Heimatlandes bestimmt die Lehrtradition und prägt die
Grundmuster für die Beschäftigung mit Literatur im Unterricht, die auf die
fremdsprachige Literaturdidaktik (oft unbewusst) übertragen werden, so dass
gewisse Schwierigkeiten bei der Durchsetzung eines alternativen Modells
auftreten können. Die Literaturdidaktik des Zielsprachelandes bezieht oft
andere literaturwissenschaftliche und didaktische Positionen und zeigt neue
Perspektiven, so dass sie imstande ist, Anstöβe zu der Weiterentwicklung der
Literaturdidaktik im Heimatland zu geben. Im praktischen Aspekt hat sie die
gröβte Erfahrung in der Behandlung der jeweiligen literarischen Werke und der
Literaturgeschichte im Unterricht; sie bietet auch die umfangreiche
Fachliteratur zu konkreten Fragen, die sich aus der Unterrichtspraxis ergeben.
Deshalb ist dieser Bereich für die Literaturdidaktik in fremdsprachlichen
Bedingungen von gröβter Bedeutung.
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Anmerkungen
1) Die
deutsche Literaturdidaktik scheint auf diesem Weg weiter fortgeschritten zu
sein als die polnische z. B. in der Bestimmung des Gegenstandes und der
Aufgaben der Literaturdidaktik, in praxisbezogenen Lösungen wie Fragen der
Curriculumforschung, Strategien der Lehrzielfindung (STOCKER: 1987, 224-240,
PASTERNIAK: 1984, 144, 146).
2) Die vielfältigen Verbindungen und Abhängigkeiten
von der Literaturwissenschaft und Literaturdidaktik sensu stricto sollen dabei
keinesfalls geleugnet werden. Die Beziehung zwischen der selbständigen
Literaturdidaktik und der Literaturdidaktik im Rahmen der Glottodidaktik ist
wechselseitig: die erste muss die Besonderheiten der fremdsprachlichen
Kommunikation in den Literaturuntericht miteinbeziehen; die zweite benutzt bei
der Textarbeit und Aufgabenstellung zum Spracherwerb Verfahren, die typisch
literatudidaktischer Herkunft sind und auf Erkenntnissen der
Literaturwissenschaft, insbesondere der Rezeptionsforschung basieren. Die
Literaturdidaktik als Bezugsfeld der Glottodidaktik zeigt auβerdem eine gewisse
didaktisch-methodische Autonomie: manche Verfahren wie Leseverzögerung, Antizipation,
Ergänzen der Leerstellen, „Textapplikationen“ werden seitens der
Fremdsprachendidaktik (bei der Arbeit mit Sachtexten) nicht verwendet, auch
innerhalb der Literaturdidaktik sensu stricto (bei der Arbeit an umfangreichen
Ganzschriften) können sie kaum eingesetzt werden.
3) Die Deutschlehrer
sind in diesem Zeitraum mit 9 Artikeln repräsentiert.
4) In diesem Punkt zeigt
sich die Verwandtschaft der fremdsprachlichen Literaturdidaktik mit der
Glottodidaktik.
5) Gemeint ist die
Konzeption des deutschsprachigen Literaturunterrichts im Rahmen der polnischen
Germanistik und Deutschlehrerausbildung.
6) Je nach den
unterschiedlichen Auffassungen des Menschenbildes, der Literatur und der
Lernziele entstehen unterschiedliche literaturdidaktische Konzeptionen, so dass
eine einheitliche Theorie der Literaturdidaktik nicht zu erwarten ist. „Wird
Literatur unter einer psychologischen, marxistischen, hermeneutischen oder
strukturalistischen Literaturtheorie erschlossen, so enthält der jeweilige
Ansatz bereits weitgehende Vorentscheidungen sowohl über das lernende Subjekt
als auch über den Bildungssinn des Gegenstandes“ (BREDELLA: 1976, 12). Deshalb
enthalten die literaturdidaktischen Konzeptionen verschiedene Gewichtung der
erwähnten Elemente und sie messen ihnen verschiedene Bedeutungen bei. Dem
Pluralismus der Literaturdidaktik liegt also der pluralistische Charakter der
Didaktik (Pädagogik) und der Literaturwissenschaft zugrunde, die z. B. als
Gesellschaftswissenschaft, Kommunikationswissenschaft oder Textwissenschaft verstanden
werden kann. Die jeweiligen literaturtheoretischen Positionen – New Criticism,
Strukturalismus, Dekonstruktivismus, Rezeptionsästhetik – beantworten auch
explizit oder implizit die didaktische Frage nach der Legitimation der Lektüre
und der Interpretation literarischer Texte auf unterschiedliche Weise. Die
Literaturdidaktik stellt einen kategorialen Rahmen für die alternativen
Konzepte bereit (BREDELLA: 1976, 13).
7) Weitere
Entwicklungsimpulse sind auf dem Gebiet der Literaturdidaktik als Bestandteil
der DaF-Didaktik zu suchen, die u.a. Besonderheiten des Leseprozesses der
fremdsprachlichen literarischen Texte und ihre Konsequenzen für den Unterricht
untersucht.
POWROT/ ZURUCK